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Beitrag vom 22.05.2006
In Transit 06
Tatjana Zilg
Das beliebte internationale Festival präsentiert vom 24.05. bis zum 04.06.06 im Haus der Kulturen KünstlerInnen aus Afrika und Asien, zusätzlicher Schwerpunkt: Brasilien als Teil der Copa da Cultura
Bereits zum fünften Mal findet das vom Publikum sehr gut angenommene Festival statt, dessen Ziel es ist, mit Tanz- und Theaterschaffenden aus Kulturen im Um- und Aufbruch einen Ort des Dialogs zu kreieren - In Transit betont den Wandel und die Veränderung. Die direkte Übersetzung ist Durchreise, Umbruch oder Umschlag.
Dieses Jahr umfasst das qualitativ sehr hochwertige Programm 20 aktuelle zeitgenössische Tanzproduktionen und vier musikalische Ballrooms sowie zahlreiche Diskussionsforen und Lecture Demonstrations im WissensLab Sarat Maharaj.
Für die Eröffnungsveranstaltungen konnten besonders herausragende KünstlerInnenpersönlichkeiten gewonnen werden:
Nicht nur Brasilien-KennerInnen werden sich sehr darüber freuen, am 25. Mai den weltberühmten Popstar und Kulturminister Gilberto Gil im Konzert erleben zu können.
Einen Tag zuvor, am 24. Mai wird der 1. Teil von "Cursive: A Trilogy" im Haus der Berliner Festspiele aufgeführt. Die dreiteilige Produktion des Cloud Gate Dance Theatre aus Taiwan basiert auf der Philosophie des Kalligraphierens, einer in China über Jahrtausende hinweg entwickelten, hochabstrakten Kunst zwischen Schrift und Malerei. TänzerInnen schreiben mit ihren Körpern, Körper verwandeln sich in tanzende Zeichen, die Bühne wird zur Leinwand der Choreographie. Konzentrierte Stille, poetisch-schöne Bilder und immerzu fließende Bewegungen zeichnen dieses einmalige Opus Magnum aus und zeigen den Choreographen Lin Hwai-min auf dem Höhepunkt seines Schaffens.
Im Zentrum der von In Transit vorgestellten Stücke steht der virtuose, aber auch der zerbrechliche, der verwundete Körper.
Aus Brasilien wurden Künstlerinnen eingeladen, die sich diesem Thema auf experimentell-radikale Weise nähern:
Die Choreografin Lia Rodrigues konfrontiert das Publikum mit der ambivalenten Lust am Betrachten von (inszenierter) Gewalt. Inspiriert von Susan Sontags Essay "Das Leiden anderer betrachten" (2003) steigern sich in "Incarnat" neun TänzerInnen in einen Zustand höchster körperliche Intensität. Die bewussten Anspielungen auf die victim art entblößen den ästhetischen Voyeurismus, der in jeder Betrachtung von Leid steckt.
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© Foto: Marcia Charnizo |
Vor 14 Jahren gründete Lia Rodrigues das
"Panorama Rio Arte de Dança", eines der wichtigsten Festivals in Brasilien. Seit den 90er Jahren bekamen ihre Projekte durch die dichte Verbindung von Kunst, Gesellschaft und Politik weltweite Anerkennung. Gegenwärtig leitet sie das
Casa de Cultura da Maré in Rio de Janeiro. Ihre Arbeit ist geprägt von hohen sozipolitischen Engagement.
Die
"Grande Dame" der Tanzszene von Belo Horizonte, Dudude Herrmann ist in "Um Solo para Uma Dança e Um Violão" zu sehen - eine meisterhafte Improvisation entstehend aus der Dynamik zwischen der Tänzerin und dem Gitarristen Renato Motha. Das Stück wird im Doppelprogramm mit
"Palavra, a Poética do Movimento" von der
Cia. Nova Dança 4 aus São Paulo, einer Kollektivarbeit mit 6 TänzerInnen und 6 MusikerInnen unter der Regie von
Cristiane Paoli Quito, gezeigt.
Die
Performancekünstlerin Marta Soares, ebenfalls aus São Paulo, widmet ihre Installation
"O Banho" Dona Yayá, einer Dame der höheren brasilianischen Gesellschaft, die auf ärztliche Anordnung fast 40 Jahre lang isoliert in ihrem Haus lebte - Diagnose "psychisch krank". Der Zustand zwischen Leben und Tod, zwischen begrenztem Raum und unbegrenzter Zeit spiegelt sich in
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© Foto: Joao Caldas |
den Video-Szenen, die im Haus der Dona Yayá aufgenommen wurden und nun auf großen Bildwänden zu sehen sind. Verschiedene Bilder, unterschiedliche Projektionen schieben sich ineinander, lösen die Körperlichkeit der Performerin auf: Eine fast surreale Erfahrung menschlicher Existenz am Rande des Abgrunds.
Das Festival unter der Leitung von Johannes Odenthal ist dieses Jahr Teil von Copa da Cultura, dem Kulturprogramm Brasiliens zur Fußball-WM 2006. Die weiteren Bausteine dieser umfassenden Präsentation brasilianischer Kunst und Kultur im HKW sind die Reihe
"Musica Popular Brasileira" (10.06.-08.07.) und die Ausstellung
"Tropicalia - A Revolution in Brazilian Culture" (11.06.-9.07.) aus London.
Ebenfalls bei In Transit 06 zu sehen sind
die drei derzeit besten Produktionen junger, afrikanischer ChoreographInnen, die am 29. April bei der renommierten 6. Plattform Danse en Creations / Danse l´Afrique danse! (22.-30.04.) in Paris ausgezeichnet wurden. Unmittelbar im Anschluss gingen die prämierten Compagnien von Andreya Ouamba (Senegal), Orchy Nzaba (Kongo Brazzaville) und Panaibra Gabriel (Mozambique) auf eine umfangreiche Tournee. In Transit zeigt die Deutschlandpremiere des Programms.
Das
detaillierte Programm mit den verschiedenen Sektionen können Sie hier einsehen:
www.hkw.de/de/programm2006/intransit06